"Bathers"

2003/04 Lambdaprints auf Diasec, 80 x 120 cm

Mein fotografisch-künstlerisches Interessse liegt im Reflektieren der Bedingungen unserer Wahrnehmung von Wirklichkeit. Ich glaube, daß heutzutage der Sinn des Sehens (unsere direkteste Form der Aneignung und Konstruktion von Wirklichkeit, wie wir uns ein Bild von der Welt machen) im Nachdenken über diese Wahrnehmungsform selbst liegt. In Buchprojekten und Ausstellungen habe ich Wahrnehmungs- und Welterklärungsmodelle mit verschiedenen visuellen Konzeptionen und Bildsprachen untersucht.

Den Hintergrund meines aktuellen Projektes bildet das Element Wasser. Der menschliche Körper besteht zu ca. 70 % aus Wasser, und ca. 70 % der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Bereits vor unserer Geburt wachsen wir in der Nährflüssigkeit des Uterus heran. Die Existenz in einer flüssigen Sphäre ist eine archaische, vorbewußte Lebensform, die die Wurzeln unserer menschlichen Entwicklung aufzeigt. In unserer Kulturgeschichte ist der Akt des Schwimmens/Badens immer zweiseitig konnotiert: Überleben in einem lebensfeindlichen Element, sowie Möglichkeit zur Körperhygiene und Entspannung. Die Kulturgeschichte der Darstellungen von Schwimmern reicht von Höhlenzeichnungen über antike Mosaiken, mittelalterliche Buchmalereien, die Malereien Cézannes oder Matisses bis zur Pin-Up-Fotografie. Im 20. Jahrhundert benutzt die Tourismus-Industrie diese starken visuellen Archetypen, um potientielle Ferienziele zu bewerben.

Für meine aktuelle Arbeit „Bathers“ verwende ich als Ausgangsmaterial gedruckte Abbildungen von Badenden, Schwimmenden, Plantschenden, die ausschließlich touristischen Urlaubs- und Wellness- Werbekatalogen entstammen.
Die grellbunten Vorlagen werden von mir re-cycled, indem ich Ausschnitte von Luftaufnahmen aus der Vogel/Gottes-Perspektive mit offener Blende und geringster Schärfe re-fotografiere; der Horizont wird eliminiert. Diese Bilder werden anschließend mit Bildbearbeitungssoftware bearbeitet, so daß farblich fast völlig entsättigte Bilder entstehen.
Das Türkisblau von Karibik und Ägäis verdünnt sich zu einem subliminalen Farbschleier. Das Ergebnis ist eine nur von Uferfragmenten, Wellengang, und vereinzelten Badeutensilien unterbrochene große Leere, die die zu abstrakten Punkten mutierten Badenden bedrängt. Diese Leere wird jeweils zerteilt durch die in der schmalen Fokus-Ebene sichtbaren Rasterpunkte des ursprünglichen Druckmaterials. Diese bis fast an die Schwarz-Weiss-Grenze entfärbten Bilder verlieren völlig ihre aggressive plakative Wirkung und „verschwimmen“ buchstäblich zu abstrakt/konkreten Oszillationsfiguren, zu einem visuellen “Rauschen”. Dieses Rauschen wird verstärkt durch den sehr gleichförmigen gemeinsamen visuellen Nenner, den ich nur minimal variiere.

Das Weiss-Rauschen scheint laut Erkenntnissen der Informationstheorie der Zustand der größtmöglichen Information zu sein. Ich will mich in meiner zukünftigen bildmedialen Arbeit diesem größtmöglichen Informationszustand des “Weissen Rauschen” widmen.


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